Pressemeldung VPT 11.7.18: Enttäuschung über Tarifabschluss

München, den 11. Juli 2018 [pdf]

 

VPT-Presseinformation: Tarifabschluss für Filmschaffende überwiegend enttäuschend

 

Berufsverbände vermissen substantielle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen

 

Mit überwiegender Enttäuschung haben die Verbände PRO Tarif das Verhandlungsergebnis zwischen der Produzentenallianz und der Gewerkschaft ver.di vom 29.05.2018 zur Kenntnis genommen. Die vereinbarte Gagenerhöhung stellt mit durchschnittlich knapp 7 % auf drei Jahre wirtschaftlich betrachtet einen Inflationsausgleich dar. Erfreulich an dem Tarifabschluss ist, dass die Forderung der Berufsverbände und Netzwerke für eine breitere Berücksichtigung der Altersvorsorge durch die Pensionskasse Rundfunk aufgegriffen wurde.

 

Die im Tarifabschluss erfolgte Ergänzung des Gagentarifvertrages um einige Berufsgruppen stellt nur für Wenige eine Verbesserung dar, andere Berufsgruppen dagegen haben sich energisch gegen diese Aufnahme gewehrt. Zudem gerät das Gagengefüge noch weiter aus dem Gleichgewicht: Die Struktur der Gagen lässt aus Sicht von VPT, der Verbände PRO Tarif, Unfrieden in der Filmproduktion erwarten. Das Gagengefüge spiegelt für einige Berufsgruppen nicht mehr die künstlerische Leistung bzw. die tatsächliche Verantwortung wider.

 

Bei den tagtäglichen Arbeitsbedingungen der Filmschaffenden sind leider keine substantiellen Verbesserungen festzustellen. Die derzeitigen Tarifparteien haben es erneut versäumt, eine Lösung der tatsächlichen Probleme der Branche in Angriff zu nehmen, kritisieren die Berufsverbände und Netzwerke. Dem zunehmenden Raubbau an Körper und Geist wird durch den Tarifabschluss nicht entgegengetreten. Die Begrenzung der Arbeitszeit auf 12 Stunden steht nur auf dem „Etikett“ des Tarifvertrages. Ohne eine entsprechende Erhöhung von Zuschlägen für die darüber hinaus gehende Arbeit wird sich an den realen Zuständen in der Branche nichts ändern, so die Befürchtung.

 

Nur eine deutliche Erhöhung der Mehrarbeitszuschläge hätte nach Ansicht der Verbände PRO Tarif eine tatsächliche Begrenzung der drastisch gestiegenen Arbeitszeitbelastung bewirkt. Die extremen Arbeitszeiten, aber auch deren Verdichtung, führen zu unerträglichen gesundheitlichen Belastungen und Unfallrisiken. Die
Vereinbarung von Filmschaffen mit einem Privatleben ist kaum noch möglich. Auch die Zunahme der Nachtdrehs von Freitag auf Samstag beraubt Filmschaffende oftmals eines arbeitsfreien Wochenendes zur Erholung oder zur Pflege sozialer Kontakte mit Familie oder Freunden.

 

Erhebliche Bedenken haben die Verbände PRO Tarif zudem bezüglich des geplanten Zusatztarifvertrages für Hochschul-Abschlussfilme und Debütfilme: die Möglichkeit, nur die halbe Tarifgage zu zahlen, wenn das Budget als gering genug ausgewiesen wird (EUR 750.000,-), oder sogar noch weniger bei noch geringerem Budget, schafft starke Anreize, diese Regelungen für kommerzielle Projekte zu missbrauchen. Erst bei einem für Debütfilme stolzen Budget von EUR 1,3 Mio. müssen demnach tarifliche Mindeststandards eingehalten werden. Es erscheint äußerst fraglich, ob die Verpflichtung, die Anwendung der Regelungen bei der ver.di-Filmunion und den anderen Tarifparteien anzumelden, einem Missbrauch wirksam Einhalt gebieten kann.

 

Die an der Arbeitsgemeinschaft Verbände PRO Tarif beteiligten Berufsorganisationen der Filmschaffenden haben kürzlich eine Umfrage unter ihren Mitgliedern durchgeführt, ob ihnen „Mehr Gage“ oder „Mehr Gesundheit – Mehr Lebenszeit“ bei der Verhandlung der künftigen Arbeitsbedingungen wichtiger ist. Beeindruckende 80,6 Prozent der Befragten haben sich dabei für „Mehr Gesundheit – Mehr Lebenszeit“ und mithin für substantielle Verbesserungen bei der Arbeitszeit ausgesprochen.

 

Die Umfrage belegt, dass der neue Tarifabschluss die tatsächlichen Probleme der Filmschaffenden weitgehend ignoriert. Immerhin haben die Tarifparteien die Forderungen von Verbände PRO Tarif nach einer Überarbeitung des Tariftextes aufgegriffen. Leider ist dieser dringend erforderliche Schritt zu mehr Verständlichkeit und besserer Anwendbarkeit des Tarifvertrages jedoch erst im Nachgang geplant. Die Berufsverbände und Netzwerke haben hierzu schon die Vorarbeit geleistet und bereits den gesamten bisherigen Tarifvertrag durchforstet und kommentiert. Die konkreten Formulierungsvorschläge für eine bessere Verständlichkeit finden sich unter verbände-pro-tarif.de.

 

Diese Mitteilung wird unterstützt von:

  • VSK - Verband der Berufsgruppen Szenenbild und Kostümbild
  • BVK - Berufsverband Kinematografie
  • BFS - Bundesverband Filmschnitt Editor
  • IGLBM - IG Licht und Bühne München
  • BVL - Bundesverband Locationscouts
  • BVFK - Bundesverband der Fernsehkameraleute
  • ADU - Assistant Director Union
  • KünstlerKanzlei Steffen Schmidt-Hug

Zurück